Zugehörigkeiten und Fremdsetzungen in Rumänien und in Israel/Palästina
Mo, 27. April 2015, 18 Uhr
RESOWI-Zentrum, Universitätsstraße 15, SZ 15.22, Bauteil G, 2. Obergeschoß
Gesellschaftliche, ausgrenzende Vorstellungen über (Minderheiten-)Gruppierungen und deren erlebte Erfahrungen sind alles andere als ident. Öffentliche und immer stärker mediatisierte Diskurse sind jedoch äußerst wirkmächtig dafür, wie Menschen ihre Erfahrungen erleben, erinnern und erzählen. Wie zeigt sich das in unterschiedlichen Fällen und welche Methodologie kann diese Verflochtenheit in den Griff bekommen?
Im Vortrag werden zwei Forschungskontexte vorgestellt, um diese Fragen zu beantworten: zum einen Bukarest in Rumänien mit Fokus auf die chinesischen Einwanderung nach 1989 und zum anderen Jaffa in Israel, mit dem Fokus auf die palästinensische Bevölkerung der Stadt.
In Bukarest wurde die Einwanderung der chinesischen Migranten_innen, die nach 1989 begann, diskursiv verschleiert und aktiv vertuscht. Zur Zeit der EU-Osterweiterung beabsichtigte Rumänien, sich als Anwerbemitglied nach außen musterhaft zu präsentieren. Die Mauern des europäischen Grenzregimes wurden zugleich drastisch verfestigt. Dies eröffnete den transnationalen Unternehmer_innen neue Möglichkeiten, schränkte diese aber zugleich stark ein. Wie erzählen sie darüber und wie präsentieren sie ihre Biographien?
In Jaffa hingegen ist die Bevölkerung mit einem medial überformten Alltag konfrontiert, steht dieser doch unter ständiger Beobachtung einer globalen Öffentlichkeit. Eine Handlung im lokalen Kontext scheint schier unmöglich, ohne dabei nicht vom Thema Nahostkonflikt vereinnahmt zu werden. Zugleich ist der Alltag vor allem für die palästinensische Bevölkerung durch Ausgrenzungspraxen gekennzeichnet. Was macht das mit den Menschen und wie zeigt sich dies in ihren Erzählungen und biographischen Präsentationen?
So unterschiedlich die Forschungsfelder sein mögen, so ähnlich sind die Grundprobleme: die globalisierten, mediatisierten und verknappten Diskurse, die diesem Diskurs innenwohnenden Ausgrenzungsmechanismen, das globale Othering zwischen dem Westen und dem Rest; die dahinter stehenden komplexen Prozesse und Erfahrungen verstrickter und sich wandelnder Zugehörigkeiten und schließlich die Erzählungen der Menschen, die damit umgehen müssen.
Im Anschluss an den Vortrag leitet Rixta Wundrak am 29. und 30.4. einen Workshop zu Biographieforschung, an dem Studierende und Bedienstete der Uni Graz kostenlos teilnehmen können.
Dr. Rixta Wundrak arbeitet am Methodenzentrum Sozialwissenschaften an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen. Sie ist dort in ein trilaterales Forschungsprojekt mit dem Titel „Etablierte und Außenseiter zugleich. Palästinenser und Israelis in unterschiedlichen Figurationen“ eingebunden (Habilitationsprojekt). Ihre Forschungs- und Arbeitsbereiche sind: Kultur- und Wissenssoziologie, Biographieforschung und Diskursethnographie. Sie arbeitet in den Themenfeldern Exklusion, Migration, Transkulturalität und kollektives Gedächtnis und forscht in Rumänien und Israel/Palästina.